#16 EMBAG: Ein Enabling-Gesetz der Digitalisierung
Am 1. Januar 2024 ist das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) in Kraft getreten. Was bringt das neue Gesetz?
Timur Acemoglu ist Rechtsanwalt und berät öffentliche Gemeinwesen in Fragen des E-Government-Rechts.
Funktionierendes E-Government erfordert neben einer spezifischen Rechtsgrundlage ein digitalisierungsfreundliches rechtliches Umfeld und ein entsprechendes «Mindset» der Verwaltung, um digitale Dienstleistungserbringung zu priorisieren. Die Mission des EMBAG ist kein Geringeres, als dieses digitalisierungsfreundliche Umfeld für die Bundesverwaltung in ein Gesetz zu packen.
Digital First
Das Mindset wird geschaffen, indem das Gesetz entsprechend dem Grundsatz «digital first» die unterstehenden Bundesbehörden verpflichtet, «wann immer möglich und soweit sinnvoll» elektronische Mittel zu verwenden.
Beitritt eOperations Schweiz
Benutzerfreundliches und effizientes E-Government erfordert eine koordinierte Umsetzung von Lösungen durch verschiedene Gemeinwesen. Essenziell ist deshalb die Möglichkeit der Bundesverwaltung, eng mit anderen Gemeinwesen zusammenzuarbeiten, sei es durch Abschluss von Vereinbarungen oder durch Beteiligung an Organisationen. Im Fokus steht dabei aktuell ein Beitritt des Bundes zur Organisation «eOperations Schweiz» welche als privatrechtliche Aktiengesellschaft mit ausschliesslich öffentlich-rechtlichen Aktionären ausgestaltet ist und zum Zweck hat, als Gefäss zum gemeinsamen Aufbau und Betrieb von IT-Lösungen zu dienen.
Pilotversuche
Das Legalitätsprinzip stellt für Digitalisierungsprojekte regelmässig eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar: um zum Zeitpunkt der Projektrealisierung über die erforderlichen Rechtsgrundlagen zu verfügen, müssen bereits in einem frühen Zeitpunkt Rechtssetzungsprojekte oder Revisionen angestossen werden. Vor allem wenn innovative, neue Wege beschritten werden sollen, kann dies ein Hindernis darstellen.
Das EMBAG schafft den notwendigen rechtlichen Spielraum, um im Rahmen von befristeten Pilotversuchen von den Anforderungen abzuweichen.
Kernelement: Basisdienste
Ein Kernelement der digitalen Transformation sind die Basisdienste. Sie stellen die gemeinsame, übergreifende Grundlage für die einzelnen Behördenleistungen, die sogenannten E-Services, dar. Der Betrieb von zentralen Basisdiensten verbessert und vereinfacht die Interaktion zwischen Privaten, Unternehmen und Behörden verschiedener Ebenen. Dazu gehören etwa Dienste wie die E-ID oder Nationale Adressdienste.
Das EMBAG ermächtigt die Bundeskanzlei einerseits, solche Basisdienste zentral bereitstellen zu lassen, und andererseits deren Nutzung durch alle dem Gesetz unterstehenden Bundesbehörden obligatorisch zu erklären. Darüber hinaus werden die Bundesbehörden ermächtigt, IKT-Mittel, welche sie zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben nutzen bzw. bereitstellen, den Kantonen zur Verfügung zu stellen.
Ein erster konkreter Anwendungsfall dieser Regelung liegt mit dem Dienst «AGOV Authentisierungsdienst der Schweizer Behörden» bereits vor. Der zentral durch die Bundeskanzlei bereitgestellte und durch das BIT als Leistungserbringerin umgesetzte Dienst steht seit dem 1. Januar 2024 auch den Kantonen zur Verfügung mit dem Ziel, ein einheitliches Login für Behördenleistungen in der ganzen Schweiz anzubieten.
Die Sicherstellung von Schnittstellen und Interoperabilität, die Möglichkeit, Standards verpflichtend zu erklären, die Pflicht zur Offenlegung von selbst entwickelter Software als Open Source Software sowie der Grundsatz, dass Daten als Open Government Data zugänglich zu machen sind, runden das durch das EMBAG geschaffene digitalisierungsfreundliche Umfeld ab.
In der Praxis wird sich das EMBAG noch bewähren müssen. Das Ziel des Gesetzgebers, auf breiter Ebene die Digitalisierung von Behördenleistungen nachhaltig zu fördern und wichtige Weichen für die digitale Zukunft zu stellen, ist jedoch offensichtlich.